Camino-Tagebuch: Sechsundzwanzigster Tag - 25.8.2006





Etappe Olveiroa - Finisterre (36 km)
* Soeben bin ich in Finisterre angekommen, am Ende der Welt!! Der Nebel hängt noch etwas zwischen Himmel und Erde, aber zumindest der Regen hat aufgehört, gottseidank.
* Bin in einer Hospedaje eingecheckt, mit Meerblick, draußen brüllen die Möwen. Herrlich. Die Füße haben heut wieder eine Aquariumpackung vom Regen bekommen, notdürftig hab ich die Schuhe beim Zwischenstopp in der Bar mit Zeitungspapier ausgestopft und trockene Socken angezogen. Hat sich ausgezahlt.
* Jetzt wird erstmal geduscht, danach verpflegt, vielleicht krieg ich meine Wäsche gewaschen, und irgendwann verlege ich die allerletzten 3 km meines 600 km langen Weges raus zum Leuchtturm von Finisterre. Dort werd ich wohl einige bekannte Gesichter vom Weg zwischen Santiago und Finisterre treffen.
* Jetzt komme ich erstmals so richtig zum Durchatmen. Alles fällt von mir ab. Ich hab noch ein paar Tage Zeit, keine Hast, keine Eile. Nur ein neues Buch bräucht ich langsam mal.
* Waren gerade am Leuchtturm am Ende der Welt. Sehr beeindruckernd. Leider fängt der Leuchtturm um ca 20:00 an, ein Blas-Turm zu werden. Dh er bläst aus riesigen Schallhörnern Millionen Dezibel ins Meer hinaus. Das halten die meisten der vielen Touristen nicht aus, und daher hat sich die Aussichtsklippe recht flott geleert - endlich. Waren dann ziemlich allein mit ca einem Dutzend Pilger: Ein Pulk lustige Spanier mit einer Flasche eines geheimnisvollen gelben baskischen Kräuterlikörs, ein Argentinier und ein paar Italiener. Die meisten kannte ich schon vom Camino nach Finisterre. Fast alle haben - einer uralten Pilgertradition folgend - ein Kleidungsstück auf einer dafür bereitstehenden Feuerstelle verbrannt. Auch ich hab eines meiner T-Shirts den Flammen anvertraut. Wir, ein Ami, eine Holländerin und ich, hatten zwei Flaschen Rotwein dabei, die wir ebenfalls pilgemäßig mit allen geteilt haben. Es war eine ganz eigene, kaum beschreibbare Stimmung des Abschiednehmens. Die meisten waren seit Wochen zu Fuß unterwegs und waren nun an dem ersehnten Punkt angelangt, wo es einfach nicht mehr weiter geht. Eine Pilgerin war in Trauer wegen ihrem verstorbenen Mann und hat von einer Stelle weiter unten an den Klippen bestimmte Sachen ins Meer geworfen, die ihr Mann ihr zu diesem Zweck anvertraut hatte. Das war sehr ergreifend.
* Nachdem wir netterweise auf dem Rückweg ins Dorf von zwei Spaniern im Auto mitgenommen wurden, hat uns einer der deutschen Extrempilger (die gehen unvorstellbar lange Strecken, bis 70 km, und schlafen meistens draußen) gesagt, daß auf einem abgelegenen Strand eine Pilgerfiesta ist. Sind dann gemeinsam mit dem Taxi hingefahren. Mitten auf dem nächtlichen Strand saßen um die 30 Mann um ein schönes Lagerfeuer und jeder hatte was zu Trinken dabei. Es war eine umwerfende Stimmung. Sogar eine Gitarre hatte einer dabei, so daß wir herrlich in den nächtlichen Strand hinaussingen konnten. Das Meer hat gerauscht, und es war fast schon kitschig, weil alles so schön ins Pilgerparty-Klischee von Finisterre gepaßt hat. Die meisten scheinen am Strand gepennt zu haben, ich bin wieder nach Finisterre zurückgelaufen. Ist ca eine halbe Stunde zu Fuß, aber das schreckt einen Langstreckenpilger nicht.
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