Via De La Plata 2006

Tagebuch meines Jakobsweges auf der "Via de la Plata", dem 1000 km langen Pilgerweg von Sevilla nach Santiago. Dieses Jahr stand die 2. Hälfte an, von Grimaldo/Plasencia nach Santiago de Compostela, und noch 130 km weiter nach Finisterre und Muxia, zum "Ende der Welt" am Atlantik.

Monday, August 14, 2006

Camino-Tagebuch: Fünfzehnter Tag - 14.8.2006





Etappe Puebla de Sanabria - Lubiàn (31,9 km)

* Bin jetzt endlich ganz offiziell Dottore!! Dani hat zuhause meinen amtlichen Bescheid zugestellt bekommen! Ist rückwirkend gültig seit Juli. Eine Sache mehr dem Apostel zu erzählen!

* 08:00: Es ist - mit einem Wort - bbbbitterkalt! Habe Probleme, meine tauben Finger über die Blackberry-Tastatur zu steuern. Na gottseidank (?) hab ich Ultralightfreak meinen Pullover schon in Salamanca nach Santiago geschickt :-( Könnt mich ohrfeigen.

* Bin unterwegs mit 2 Javieres: Meinem schon bekannten lustigen Javier und seinem Spezl Javier, der an der katholischen Uni in Madrid Geschichte unterrichtet. Haben einen netten Schmäh am rennen.

* Ab 09:00 wird die Temperatur langsam erträglich. * Jetzt geht's auf die angeblich allerschönste Teilstrecke der gesamten Via, nach Padornelo, dann nach Lubiàn.

* Zahlt sich aus, daß ich hier mit einem spanischen Geschichts-Uniprofessor unterwegs bin. Er bestätigt, daß die Geschichte vom toleranten Islam in Spanien kompletter Unsinn ist, den kein ernsthafter Wissenschaftler vertritt. Die schlimmste Verfolgung war zwischen dem 9. & 11. Jahrhundert. Beispiel: im arabisch besetzten südl. Spanien gibt es keinerlei erhaltene mozarabische (= christliche) Architektur. Dafür umso mehr im befreiten Spanien im nördl. Kastilien und in Valencia. Die Araber haben im Süden alles zerstört.

* Sind gerade durch den Tunnel von Padornelo gepilgert. Grandios!!

* Haben uns nach dem Essen 1,5 h lang Witze erzählt!

* Mit den zwei Spaniern hab ich eine unbeschreibliche Gaudi: kenne jetzt fast das gesamte Universum spanischer Kraftausdrücke! Spanier nutzen jede sich bietende Gelegenheit, um knackigste Schimpfausdrücke unter die normale Alltagsprosa zu mischen, es ist schlicht faszinierend.

* Was für ein herrlicher Tag das war! Und komischerweise hab ich kaum was spannendes zu berichten. Liegt vielleicht daran, daß unterm Strich eigentlich nix spektakuläres passiert ist. Nur das Panorama über die Hügel und Berge, die ins ersehnte Galicien hinüberführen, war ein Ereignis für sich: Grüne Täler, alte verfallene Granithäuser, viel blauer Himmel über uns, uralte gepflasterte Straßen über verschlungene Gebirgspässe - eine Schau!

* Gerade sitzen wir am Balkon in der Herberge von Lubiàn, einem netten galicisch anmutenden (das Zitat aus dem Pilgerführer kann ich nicht besser formulieren) Bergdörferl. Blick geht hinaus über die grünen Hügel im Abendlicht. Und - die Gegenüberstellung von Hochromantischem mit banalen Alltagsplagen ist dem Pilger bekannt - wir flicken uns dabei die Blasen. :-)

* Es war schon ein Pilger vor uns da, ein Twen-Engländer, ein echt merkwürdiger Kauz. Nicht nur verweigert er sich standhaft jeglicher flüssiger Kommunikation, sondern er besteht auch drauf, allein in einem Zimmer zu schlafen. Unten in der Küche ist ein einzelnes Bett, wo er sich hinlegen wollte. Ich frag ihn, ob es ok ist, wenn wir aus strategischen Überlegungen unsere guinessbuchverdächtige Schnarchnase Javier unten allein positionieren, damit er dort einsam und ungestört seine nächtlichen Brunftschreie schmettern kann. Der Engländer meint, ok, dann geht er selber eben auf den Balkon (!) zum schlafen. Hää? Kann mir keinen medizinisch-psychiatrischen Fachausdruck für diese Disorder vorstellen, vielleicht "Sleep Alone Syndrome"?!

* Waren bis 23:00 in der einzigen Bar im Ort und haben auf mein Doktorat angestoßen. Wie schön, wenn man Kameraden zum Mitfeiern hat!

* Javier verabschiedet sich in sein Schnarcher-Abteil (schnarchen auf span.= roncar) mit den Worten: "I am going downstairs to ronc'n'roll!" :-)

Dr. Chris ;-)

1 Comments:

Blogger muellersmattes said...

Herzlichen Glückwunsch,. Herr Doktor!

8:25 AM  

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